Die goldenen Zwanziger.

Die „Goldenen Zwanziger“. Bei diesem Begriff haben die meisten von uns sofort ein bestimmtes Bild im Kopf. Wohl kaum eine Epoche ist so verrucht und sagenumwoben wie diese Zeit. Wie war es, in diesem Jahrzehnt zu leben?

1924: Der erste Weltkrieg ist seit sechs Jahren endlich zu Ende. Der Schock über die hohen Reparationszahlungen des Vertrags von Versailles ist verarbeitet. Das angespannte Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich beruhigt sich. Die Einführung der Rentenmark beendet endlich die Inflation und die anhaltende Hungersnot. Die deutsche Wirtschaft beginnt sich zu erholen und die Zukunft erscheint endlich wieder rosig und frei. 

Selbst im Straßenbild wird die neue Freiheit sichtbar. Während in der Herrenmode nach wie vor streng zurückgegelte Frisuren und klassische, dunkle Anzüge vorherrschen, gibt es bei den Damen nur noch ein Motto: Schockieren! Die Zeit der langen Kleider, engen Korsetts und fest hochgesteckten Haare ist vorbei. Die moderne Frau zeigt sich unabhängig und mutig. Gegen den Widerstand vieler Eltern sind nun schwingende Bubikopffrisuren, Kleider mit zierlichen Spagettiträgern und knielange Cocktail-Kleider an der Tagesordnung. Die eine oder andere wagt sich sogar an eine Hose oder gar einen kompletten Anzug. Für den besonderen Glamour am Abend sorgen diverse Perlenketten, Boas und Stirnbänder. Je auffälliger, desto besser.

Nicht nur bei der Kleiderwahl verändern sich die Geschlechterrollen drastisch: Mit Gründung der Weimarer Republik wird das Frauenwahlrecht eingeführt und auch im Berufsleben werden sie zunehmend anerkannt. Nachdem Frauen in den Kriegsjahren die Arbeitskraft der Männer ersetzen mussten, behaupten sie sich auch weiterhin und sind z. B. als Stenotypistin tätig.

Neue Freiheiten gab es nicht nur in Bezug auf die Geschlechterrollen und die Kleidung: 
Ein wichtiger Aspekt, der insbesondere im Nachtleben zum Tragen kam, war die sexuelle Freiheit. Frauen wie die Tänzerin Josephine Baker lebten öffentlich ihre Bisexualität aus. Auch die Homosexualität wurde durch die Gründung des Bundes für Menschenrecht (1920) und durch eine Vielzahl von Lokalen für ein homosexuelles Publikum enttabuisiert.

Aber auch in allen anderen Lebensbereichen drängen die Menschen darauf, althergebrachte Prinzipien über Bord zu werfen und die Gesellschaft neu zu erfinden. Es herrscht ein Gefühl des Aufbruchs und der Hoffnung, das dazu führt, dass nicht nur in Deutschland, sondern in allen europäischen Großstädten das Leben wie ein endloses Fest zelebriert wird.

Nicht für alle bestanden die 20er-Jahre nur aus Glanz und Gloria. Die gesellschaftlichen Umbrüche fanden vor allem in den Großstädten statt. Im Umland blieb es häufig bei den veralteten und rückständigen Strukturen. Zudem konnten die Arbeitslosenzahlen in der Republik nie unter eine Million gesenkt werden, sodass Armut auch in Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs ein großes (politisches) Thema war.

 

Vergnügen, Dekadenz und Experimentierfreude
Insbesondere Städte wie Berlin, Paris oder London strahlen eine magische Anziehungskraft aus. Während in den USA die Prohibition vorherrscht, sind im Europa der 20er-Jahre Eskapaden und Glamour an der Tagesordnung. Ganze Generationen von Künstler:innen, Musiker:innen und Schriftsteller:innen emigrieren von den USA nach Europa. Zu ihnen zählen Hemingway, F. Scott Fitzgerald und die afro-amerikanische Tänzerin Josephine Baker. Sie alle haben nur ein Ziel: ihre künstlerische, soziale und sexuelle Freiheit in vollen Zügen zu genießen.

Dazu bietet sich reichlich Gelegenheit. In Berlin beheimatet der Broadway unzählige Bars, Nachtclubs, russische Teestuben, neue Ballhäuser und Lichtspielhäuser. Einige von ihnen, wie das Moka Efti oder das Babylon, sind so bekannt und sagenumwoben, dass sie uns heute noch ein Begriff sind. Zeitgleich touren diverse Showgruppen wie die britischen „Thriller Girls“ durch Europa. Sie und eine Vielzahl von Varietés wie das Moulin Rouge zeigen so wilde und laszive Programme, dass sie weltweit für Aufregung sorgen.

Obwohl der Konsum von Genussmitteln wie Tabak und Alkohol von der Politik der Weimarer Republik moralisch und sittlich verurteilt sowie mit hohen Steuern bestraft wird, spielen Rauschmittel eine wichtige Rolle. Insbesondere eine, eigentlich als Schmerzmittel entwickelte Substanz wird in allen Gesellschaftsschichten großzügig konsumiert: Kokain. Im Ersten Weltkrieg wurde die Droge gezielt eingesetzt, um Soldaten die Entbehrungen vergessen zu lassen. Ehemalige Soldaten und Militärärzte erkennen nach Kriegsende ihre Chance und eröffnen einen regen Schwarzmarkthandel mit den Kokain-Beständen der Sanitätsdepots der Kaiserlichen Armee. Sie beliefern die Berliner Bars und Clubs und sorgen mit dafür, dass Kokain als absolute Modedroge die Euphorie und Ektase der Zeit noch weiter anheizt.

Doch all der Glamour und die Extravaganz finden am 25. Oktober 1929, am sogenannten „Schwarzen Freitag“ ein jähes Ende. Die Börsenkurse stürzen dramatisch ab und reißen die Weltwirtschaft mit sich in den Abgrund. Auf schillernde Nächte folgen nun Schulden, Arbeitslosigkeit und eine politische Abwärtsspirale in Richtung Nationalsozialismus. Das Ende einer Ära.

 

Sie wollen geschmacklich eine Reise in die 20er-Jahre machen und sich so fühlen wie F. Scott Fitzgerald, als er „The Great Gatsby“ geschrieben hat?
Dann probieren Sie doch mal einige der folgenden Rezepte aus:

Sidecar

Der Sidecar ist eine der berühmtesten Kreationen der 20er-Jahre. Es ist unklar, ob der Drink im Londoner Buck’s Club oder in Harry’s New York Bar in Paris entstand. Als Inspiration für den Namen soll allerdings ein Offizier gedient haben, der sich immer im Beiwagen eines Motorrads zu eben dieser Pariser Bar fahren ließ.

Für einen Sidecar benötigen Sie:

  • 40 ml Cognac
  • 30 ml Triple Sec
  • 20 ml Zitronensaft
  • 1 Bio-Zitrone

Zubereitung:
Geben Sie Cognac, Triple Sec und Zitronensaft zusammen mit einigen Eiswürfel in einen Shaker und schütteln Sie diesen kräftig. Seihen Sie das Getränk in ein Glas ab. Am besten eignet sich eine Coupette. Garnieren Sie das Glas mit einer Zitronenzeste.

 

White Lady

Wie bei fast allen Cocktails aus längst vergangenen Jahrzehnten ist nicht zu 100 % klar, wer ihn zuerst gemixt hat. Die White Lady stammt aber sehr wahrscheinlich auch aus Harry’s New York Bar in Paris und wurde dort von ihrem berüchtigten Barkeeper Harry McElhone zusammengestellt.

Für eine White Lady benötigen Sie:

  • 50 ml Gin
  • 25 ml Triple Sec
  • 25 ml Zitronensaft
  • 1 Eiweiß

Zubereitung:
Geben Sie alle Zutaten zusammen mit Eiswürfeln in einen Shaker und schütteln Sie alles kräftig. Seihen Sie das Getränk anschließend in ein Glas ab. Am besten eignet sich ein Cocktailspitz.

 

French 75

Der French 75 ist eine elegante Mischung aus Gin, Champagner und Zitrone und eine Schwester des Tom Collins, der sich in der 20ern ebenfalls großer Beliebtheit erfreute. Angeblich wurde der Cocktail nach einem französischen Feldgeschütz aus dem Ersten Weltkrieg benannt.

Für ein French 75 benötigen Sie:

  • 45 ml Gin
  • 30 ml Zitronensaft
  • 10 ml Zuckersirup
  • Champagner
  • 1 Bio-Zitrone

Zubereitung:
Schütteln Sie den Gin, Zitronensaft und Zuckersirup mit etwas Eis kräftig in einem Shaker. Anschließend seihen Sie das Getränk in ein Glas ab. Am besten eignet sich dafür eine Coupette. Garnieren Sie es anschließend mit einer Zitronenzeste.

 

Weitere Artikel in der Kategorie

REZEPTE

DIE 50ER

Alles auf Anfang

Wir schreiben das Jahr 1950: Der zweite Weltkrieg ist endlich vorbei. Deutschland ist seit einem Jahr in Ost und West unterteilt: Im Westen werden die Deutsche Bundespost und die ARD gegründet, im Kino läuft die erste Verfilmung von „Das doppelte Lottchen“, Rio Reiser und Stevie Wonder werden geboren und auf Cape Canaveral startet der erste Flugkörper.

REZEPTE

DIE 40ER JAHRE

Clever gemixt ist halb gewonnen

Wir schreiben das Jahr 1940. Nylonstrümpfe erobern die Kleiderschränke, der Politiker Joachim Gauck und Karate-Weltmeister Chuck Norris werden geboren, an der Route 66 wird in Kalifornien das weltweit erste Restaurant von McDonald´s eröffnet, das Deutsche Reich besetzt Paris und allen Sorgen zum Trotz tönt aus dem Radio „You are my sunshine“ von Jimmie Davis. Für große Teile der Weltbevölkerung ist ein zunächst sehr düsteres Jahrzehnt angebrochen. Doch wie sagt man so schön: „Better things are coming.“

+49 (0)221 16041-0
kundenservice@fuer-sie-eg.de
Kontaktformular